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Zeitungsbericht für März 1812

 

GStA PK I. HA, Rep. 89 Geh. Zivilkabinett, jüngere Periode, Nr. 16502, Bl. 18r-22r, Anlagen Bl. 23r-26r. Referent Erdmannsdorff. Praesentatum 13. April 1812.

 

 

[18r] Liegnitz den 6ten April 1812.

 

Haupt-Zeitungs-Bericht von dem Departement der Liegnitzschen Regierung für den Monat Mart: c.

 

 

Euer Majestät verfehlen wir nicht den geordneten Haupt-Zeitungs-Bericht von dem Departement unserer Verwaltung für den Monat März dieses Jahres in nachstehenden Anzeigen allerunterthänigst abzustatten:

 

Witterung.

 

Die Richtung des Windes war sehr veränderlich, es gab mehr trübe, als heitere Tage. Häufig fanden Nebel statt, besonders in der ersten Hälfte des Monats, und eben so oft fiel Regen und Schnee. Der höchste Stand des Réaumurschen Thermometers war in der Gegend von Liegnitz am 30ten Mittags 10 Grad über, und der niedrigste am 24ten früh 7 Grad unter dem Frostpunkt. Die Winter-Saaten haben fast durchgängig ein schönes hoffnungsvolles Ansehen. Mit Bestellung der Sommer-Saat hat der Landmann zwar bereits den Anfang gemacht. Es wird aber dieselbe durch die bald naße, bald kalte Witterung ungemein aufgehalten.

 

Preise der Consumtibilien.

 

Welche Preise das Getraide im verfloßenen Monat auf den Märkten der vornehmsten Städte des Departements gehabt, und wie diese Preise sich zu denen des benachbarten Auslandes verhalten, wollen Euer Majestät aus der unter [18v] dem Buchstaben A beigeschlossenen balancirten Designation huldreich zu entnehmen geruhen.

 

In der Anlage unter Lit. B wird die Quantitaet des im Monat Februar c. ein- und ausgegangenen Getraides und Gemüses verzeichnet.

 

Von den Kartoffeln galt im Maerz c. der Berliner Scheffel 12 bis 20 g. Münz-Courant. Der

 

Cours der Münz-Sorten, Staats-Papiere und kaufmännischen Wechsel

 

hat sich nicht bedeutend geändert. Das Agio vom Metall-Courant ist etwas gesunken. Von den schlesischen Pfandbriefen stehen die großen 66 3/4 und die kleinen 72 pro Cent. Die

 

Krankheiten,

 

welche im vorigen Monat unter den Menschen herrschend waren, bestanden vorzüglich in Gicht-Flüßen und Katarrhal-Zufällen. Nerven-Fieber ließen sich nur sporadisch sehen. Aber die kalten Frühlings-Fieber treten schon in mehreren Gegenden hervor. Das früher an verschiedenen Orten des Departements statt gefundene Scharlachfieber hat sich bis auf ein einziges Dorf, wo es weitere Fortschritte zu machen droht, verloren. Auch sind die natürlichen Blattern im Militsch-Trachenbergschen Creise bereits völlig wieder verschwunden.

 

Von epignotischen Thier-Krankheiten sind uns keine Anzeigen zugekommen.

 

[19r] Unglücks-Fälle.

 

Zwei Personen nahmen sich aus Schwermuth selbst das Leben.

 

Der Häusler Scholz zu Nieder Groß-Hartmannsdorff, Loewenberg-Bunzlauschen Creises, verfiel im dasigen Steinbruch, und wurde unter dem Schutthaufen entseelt hervorgezogen.

 

In Georgendorff, Steinauschen Kreises, hatte der Viehpächter Bergmann das Unglük, in ein Waßer zu fallen und zu ertrinken.

 

Am 9ten v. Mts. zerschlug sich der Bauersohn Müller zu Herzogswaldau, Jauerschen Kreises, beim Fällen von einer Pappel, welche gerodet wurde, und an deren Gipfel er ein Teil befestigt hatte, dergestalt, daß er drei Stunden darauf seinen Geist aufgeben mußte.

 

Auf dem zu Nieder Leipe, gleichfalls im Bezirk von Jauer, gehörigen Vorwerke Mochau, wurde ein Knecht, Nahmens Geisler, von einem Pferde durch einen Schlag in den Unterleib getödtet.

 

Am 17ten v. M. wurde in der Oder bei Maltsch, Liegnitzschen Kreises, der todte Körper des Freigärtners Stief aus Schöneiche gefunden. Man vermuthet, daß dieser Mann sich selbst in das Waßer gestürzt habe.

 

In Seppau, Glogauschen Kreises, gerieth das Kuhstall-Gebäude auf dem Schloß-Vorwerk durch bis jetzt noch unbekannte Veranlassung in Brand, und es wurde [19v] eingeäschert.

 

Der Dreschgärtner Stumpe zu Ober-Kummernick und die Freigärtner Tschirner und Hoffmann in Groß Tinz, beides Dörfer im Liegnitzschen Kreise, verloren ihre Gehöfte durch Feuers-Brünste, deren Entstehungs-Ursache nicht auszumitteln gewesen ist.

 

Eben so ging ein Auszughaus zu Ober-Brockendorff und eine Bauer-Nahrung in Ober-Kesselsdorff, Loewenbergschen Creises, in Rauch auf. Ueber die Art, wie dieses Unglük herbeigeführt worden, sehen wir dem nähern Bericht des Kreis Landraths noch entgegen.

 

In dem Dorfe Fuchsmühl, Goldbergschen Creises, sind zwei Dreschgärtner-Stellen abgebrandt. Dem Ursprunge des Feuers hat der Landrath vergebens nachgeforscht.

 

Unter der Rubrique

 

Aufhören oder Entstehen bedeutender Polizei-Institute

 

haben wir nichts anzuzeigen.

 

Industrie.

 

Auf dem Herzoglich Saganschen Amte Hartmannsdorff hat die Administration durch Umschaffung alter verwüsteter Teiche in tragbare Wiesen, und durch Vermehrung der Hütung mittelst Rodung verwüsteter Stükke bedeutende Meliorationen gemacht. Auch sind bei Wiesau, einem zu gedachtem Amte gehörigen [20r] Dorfe, drei neue Obst-Alleen, welche 7 bis 800 Stük Bäume enthalten, angelegt worden.

 

Patriotische Handlung.

 

Der Buchführer Hofrath Schall in Breslau, Besitzer des Guthes Jacobsdorff, Wohlauschen Creises, hat zur Verherrlichung des Geburts-Festes des höchstseeligen Königs Friedrich des großen Majestät nicht nur den Stadt und Landschulen in diesem Bezirk mehrere sehr nützliche Schriften geschenkt, sondern auch dem Buchbinder Fischer in Winzig 487 Exemplare von den hier sehr zwekmässig anerkannten Burgundschen Buchstabier- und Lehr-Tafeln mit dem Auftrage zugeschikt, solche zu verkaufen, und die Loosung sodann dem Landrath Wohlauschen Kreises zu Bildung eines Schul-Fonds zuzustellen, für welchen Zwek der Hofrath Schall dem Kreise zugleich das Recht zum Verlage jener Tafeln abgetreten hat. Wir werden diese ruhmwürdige Handlung in unserm Amtsblatte bekannt zu machen nicht unterlaßen.

 

Summarische Nachweisung der Zuflüße in die König. Cassen.

 

Die Einnahme der Regierungs-Haupt-Casse hat im Monat
Merz c. sich belaufen auf ....... 118,335 r: ----- gg: 1 3/5 pf.

 

Ausgegeben sind .................. 162,977 [r:] 13 [gg:] 4 1/5 [pf.].

 

An Ueberschüssen zu den Staats Cassen sind aus den laufenden Gefällen abgeführt worden ...... 146,734 [r:] 10 [gg:] 4 [pf.]

 

[20v] Grenz-Sachen.

 

In allen Praefectur-Departements des Herzogthums Warschau ist jetzt die Ausfuhr des Getraides nach Schlesien untersagt. Auch ist dem Vernehmen nach in den Kaiserlich österreichischen Staaten ein Exportations-Verbot in Ansehung aller Lebens-Mittel ergangen.

 

Militaria.

 

Ein sächsisches Armée-Corps, 21000 Mann stark, ist am 30ten v. M. in das hiesige Regierungs-Departement eingerükt, aber bis zum 3ten d. Mts. auf einer bei Neusalz geschlagenen Schiffbrükke über die Oder nach dem Herzogthum Warschau marschirt. Eben so ist ein Bayersches Armée-Corps, bestehend aus 919 Officiers, 27203 Mann und 4894 Pferden am 25ten Maerz c. unter dem Ober-Commando des Generals Gouvion St: Cyr und unter ihm der beiden baierschen Generale De Roi und v. Wrede bei Bunzlau in das Departement eingezogen, und es sollte daßelbe bis zum gestrigen Tage sich in der Gegend von Glogau concentriren. Nach den neuesten Nachrichten hat jenes Armée-Corps jedoch in den ersten Tagen des gegenwärtigen Monats nach dem Herzogthum Warschau abzumarschiren, begonnen. In eben diesen Tagen ist in das hiesige Regierungs-Departement eingerükt:

 

1) das sogenannte italiänische ArméeCorps unter Com-[21r]-mando des Herzogs v. Abrantes, 47800 Mann und circa 10000 Pferde stark, dessen erste Colonne am gestrigen Tage in Bunzlau eingetroffen, und über diesen Grenzort, und von da über Haynau und Polkwitz fortwährend bis zum 19ten April c. nach Glogau marchiren sollen.

 

2, Das Westphälische Armée-Corps unter dem General van Damme, 24000 Mann stark, welches den 4ten hujus in Sagan und Naumburg am Bober ankommen, gleichfalls nach Glogau und Umgebungen marschiren, auch dem Gerücht nach 8 Tage im hiesigen Regierungs-Departement verweilen soll.

 

Die Ueberzeugung, daß der Bezirk unserer Verwaltung diese große Truppen-Maße zumal bei dem dürftigen Ausfall der vorjährigen Erndte allein zu ernähren nicht vermöge, ist uns Aufruf geworden, bei den obern Staats-Behörden auf Einleitungen anzutragen, besonders dem Breslauschen, mit Fourage-Lieferungen unterstüzt werde.

 

In dem abgewichenen vierwöchentlichen Zeitraum haben sich keine

 

Veränderungen bei öffentlichen Behörden in unserem Verwaltungs-Bezirk ereignet.

 

Commercium.

 

Die auswärtige Leinwand-Handlung befindet sich [21v] immer noch in derjenigen mislichen Lage, welche Euer Majestät wir in unsern frühern Zeitungs-Berichten allerunterthänigst geschildert haben. Die letzte Meße zu Frankfurth an der Oder hat den Wünschen der Leinwand-Kaufleute keinesweges entsprochen. Einige Sorten Leinen und zwar ordinaire, sind wie gewöhnlich verkauft, aber schlecht bezahlt worden.

 

Die Quantitaet der im Monat Maerz c. bei den Zoll-Aemtern in Hirschberg, Schmiedeberg, Greiffenberg und Warmbrunn zur Exportation angesagten Leinen Waaren wird in der unter dem Buchstaben C. beigelegten Designation pflichtschuldigst nachgewiesen.

 

Auch die Tuch-Negotianten haben keine guten Geschäfte auf dieser Meße gemacht. Die Klagen derselben über Mangel an Absatz werden täglich lauter.

 

Bei den Zoll-Aemtern unsers Departements wurden im Monath Februar c. 443 Stein 9 2/3 Pfund Wolle Berliner Gewicht, aber keine Schaafe zur Ausfuhr declarirt.

 

Haupt-Gegenstände unserer kollegialischen Beschäftigung im abgewichenen Monat waren

 

ausser denjenigen, welche die allerdevotest beigeschlossenen Nr: 10 bis 14 des zweiten Jahrganges unseres Amtsblattes enthalten,

 

[22r] die schleunige Besorgung der Mobilmachung eines Theils der Armée Euer Majestät, soweit die Pferde-Gestellung das hiesige Regierungs-Departement traf.

 

Die Verfügungen zu Aufbringung deßen, was zur Unterhaltung der in das Departement eingerükten fremden Truppen und ihrer Pferde erforderlich seyn möchte, so wie die Fürsorge, daß es den nachrükenden an den ihnen gebührenden Verpflegungs-Bedürfnißen nicht fehle.

 

Unter der Rubrique

 

dringende Reformen und Verbeßerungen in der Administration

 

haben wir zur Zeit nichts vorzuschlagen.

 

 

Die Schlesische Regierung zu Liegnitz.

 

[gez.]